Rücktrittsrecht beim Warenkauf Im Internet B2C
Rücktrittsrecht bei Online-Käufen
Laut EU-Verbraucherrechte-Richtlinie haben Konsumenten in der EU ein Rücktrittsrecht bei Fernabsatzgeschäften (Online- und Telefonverträge). Die Regelung gilt nur für B2C-Verträge (Unternehmen ↔ Konsument) und wurde in Österreich im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) sowie im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) umgesetzt.
Für B2B-Geschäfte (Unternehmen ↔ Unternehmen) gibt es kein gesetzliches Rücktrittsrecht.
Rücktritt oder Widerruf?
Beide Begriffe meinen das Gleiche. Während die Verbraucherrechte-Richtlinie den international üblichen Begriff „Widerruf" verwendet, spricht das österreichische FAGG vom „Rücktritt". Merkbar wird das bei der Muster-Widerrufsbelehrung und dem Muster-Widerrufsformular, die beide in einem Anhang zum FAGG veröffentlicht wurden. Während das FAGG selbst vom „Rücktritt" spricht, verwenden die Muster den Begriff „Widerruf". Der Grund dafür besteht darin, dass die Muster auch in Deutschland verwendet werden können sollen.
Wie lange kann der Verbraucher zurücktreten?
Verbraucher haben bei Fernabsatzverträgen (z. B. Online-Käufe) ein 14-tägiges Rücktrittsrecht. Innerhalb dieser Frist kann der Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne Kosten widerrufen werden.
Rücktrittsfrist EU-weit einheitlich
Die 14-tägige Rücktrittsfrist für Fernabsatzverträge gilt einheitlich in der gesamten EU und kann gesetzlich weder verkürzt noch verlängert werden. Eine vertragliche Verlängerung ist jedoch möglich.
Wann beginnt die Rücktrittsfrist zu laufen (§11 Abs 2 FAGG)?
Die 14-tägige Rücktrittsfrist beginnt je nach Art des Vertrags:
- Kaufverträge: Ab dem Tag, an dem der Verbraucher (oder ein benannter Dritter) die Ware erhält.
- Mehrere Lieferungen: Ab Erhalt der letzten Ware einer Bestellung.
- Teilsendungen: Ab Erhalt der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks.
- Abonnements: Ab Erhalt der ersten Lieferung.
- Dienstleistungen & Versorgungsverträge (z. B. Strom, Gas, Wasser): Ab Vertragsabschluss.
Der Tag des Erhalts zählt nicht zur Frist. Der Verbraucher kann den Rücktritt bereits ab Bestellung erklären, bevor der Vertrag angenommen wurde.
Kann sich die Frist verlängern (§12 FAGG)?
Wenn ein Unternehmer die Pflichten zur Information über das Rücktrittsrecht (inkl. Muster-Widerrufsformular) nicht erfüllt, verlängert sich die Rücktrittsfrist automatisch um 12 Monate.
- Die Frist beträgt dann 12 Monate + 14 Tage.
- Holt der Unternehmer die Belehrung nach, endet die Frist 14 Tage nach Erhalt der Information.
Worüber muss bezüglich des Rücktrittsrechts belehrt werden?
Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher umfassend darüber zu informieren, dass ein Rücktrittsrecht besteht. Er muss die Bedingungen und Fristen für die Ausübung des Rücktrittsrechts erläutern sowie den Ablauf der Rücktrittserklärung beschreiben. Außerdem muss der Unternehmer dem Verbraucher das gesetzliche Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen. Falls der Unternehmer im Falle eines Rücktritts die Kosten für die Rücksendung der Ware dem Verbraucher auferlegen möchte, muss er auch darüber informieren.
Handelt es sich um Waren, die aufgrund ihrer Beschaffenheit üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden, ist der Unternehmer zudem verpflichtet, die konkreten Rücksendekosten anzugeben. Sollte kein Rücktrittsrecht bestehen, muss der Verbraucher auch darüber informiert werden.
Wann und wie muss über das Rücktrittsrecht belehrt werden (§4 7 FAGG)?
Die Belehrung über das Rücktrittsrecht sowie alle anderen erforderlichen Informationen nach § 4 Abs 1 FAGG müssen bereits vor dem Vertragsabschluss oder der Vertragserklärung des Verbrauchers in klarer und verständlicher Form bereitgestellt werden. Diese Informationen müssen in einer Art und Weise übermittelt werden, die dem gewählten Fernkommunikationsmittel entspricht. In dieser Phase reicht es aus, die Informationen beispielsweise auf der Website bereitzustellen, sie müssen jedoch lesbar und auf einem dauerhaften Datenträger zugänglich sein.
Die Informationspflichten des Unternehmers gelten auch dann als erfüllt, wenn die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung korrekt ausgefüllt und dem Verbraucher übermittelt wurde. Dem Verbraucher muss auch ein Muster-Widerruf zur Verfügung gestellt werden. Diese Muster wurden im Bundesgesetzblatt als Anhang zum FAGG veröffentlicht.
Nach dem Vertragsabschluss muss der Unternehmer dem Verbraucher innerhalb einer angemessenen Frist, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Warenlieferung, eine Bestätigung des Vertrages inklusive Rücktrittsbelehrung und weiteren erforderlichen Informationen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung stellen. Diese Bestätigung entfällt, wenn die Informationen bereits zuvor auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt wurden.
Wichtig: Die Website selbst gilt nicht als dauerhafter Datenträger, da sie jederzeit geändert werden kann. Ein Bestätigungs-E-Mail erfüllt jedoch die Anforderungen.
Für weiterführende Informationen zu den Informationspflichten des § 4 FAGG, siehe „E-Commerce: Spezielle Informationspflichten im Fernabsatz B2C“.
Gibt es Ausnahmen vom Rücktrittsrecht beim Warenkauf?
Generell sind B2B-Geschäfte (Geschäfte zwischen Unternehmern) vom Rücktrittsrecht ausgenommen. Ebenso besteht kein Rücktrittsrecht bei bestimmten Waren, wie:
- Waren, deren Preis von Finanzmarktschwankungen abhängt, die während der Rücktrittsfrist auftreten können.
- Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt oder auf die persönlichen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind.
- Schnell verderbliche Waren oder solche, deren Verfallsdatum schnell überschritten wird.
- Alkoholische Getränke, die erst nach 30 Tagen geliefert werden können und deren Preis von Marktschwankungen abhängt.
- Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte (außer bei Abonnements).
- Öffentliche Versteigerungen (z. B. bei E-Bay handelt es sich nicht um eine öffentliche Versteigerung, hier gibt es ein Rücktrittsrecht).
Wichtig ist, dass der Verbraucher auch über das Nichtbestehen des Rücktrittsrechts bereits vor Vertragsabschluss oder seiner Vertragserklärung informiert werden muss, und zwar in einer Form, die dem Fernkommunikationsmittel entspricht.
Das Rücktrittsrecht besteht grundsätzlich, entfällt jedoch bei (§18 Abs 1 Z5,Z6,Z8 FAGG)
• Versiegelten Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn die Versiegelung entfernt wurde.
• Waren, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden (z. B. Heizöl, das in einen bereits teilweise befüllten Tank geliefert wird).
• Ton- oder Videoaufnahmen sowie Computersoftware, die in einer versiegelten Packung geliefert werden und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
Wichtig: In diesen Fällen muss zunächst darüber belehrt werden, dass ein Rücktrittsrecht besteht, und das Muster-Widerrufsformular muss zur Verfügung gestellt werden. Erst nach der Entsiegelung oder Vermischung der Waren entfällt das Rücktrittsrecht, und auch darüber muss der Verbraucher informiert werden.
Wie muss der Rücktritt erklärt werden (§13 FAGG)?
Der Verbraucher kann den Rücktritt vom Vertrag entweder durch das gesetzliche Muster-Widerrufsformular (siehe Anhang 2) oder durch eine andere eindeutige Erklärung in beliebiger Form, wie zum Beispiel per SMS oder telefonisch, erklären. Die Rücktrittserklärung muss dabei nicht schriftlich erfolgen, jedoch muss die Rücktrittsabsicht eindeutig aus der Erklärung hervorgehen. Eine bloße, unkommentierte Rücksendung der Ware reicht nicht aus. Entscheidend für die Rechtzeitigkeit des Rücktritts ist die Absendung innerhalb der Rücktrittsfrist. Der Beweis, dass der Rücktritt rechtzeitig erklärt wurde, liegt beim Verbraucher.
Der Unternehmer kann dem Verbraucher auch die Möglichkeit bieten, das Muster-Widerrufsformular oder eine andere entsprechende Erklärung elektronisch auf seiner Website auszufüllen (siehe Anhang 1). In diesem Fall muss der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich den Eingang des erklärten Widerrufs auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen.
Welche Pflichten treffen den Unternehmer im Rücktrittsfall (§14 FAGG)?
Tritt der Verbraucher vom Vertrag zurück, muss der Unternehmer alle von ihm geleisteten Zahlungen, einschließlich etwaiger Lieferkosten, unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Rücktrittserklärung erstatten. Hat der Verbraucher jedoch eine teurere Lieferart gewählt, die vom Unternehmer nicht standardmäßig angeboten wurde, müssen diese Mehrkosten nicht erstattet werden.
Es ist stets das Gleiche zurückzuerstatten: Hat der Verbraucher mit Geld bezahlt, erhält er den Betrag in gleicher Form zurück.
Die Kosten der Rücksendung der Ware muss der Verbraucher tragen, wenn der Unternehmer ihn vor Vertragsabschluss oder vor der Vertragserklärung des Verbrauchers darüber informiert hat (siehe oben, Informationspflichten).
Wichtig: Handelt es sich um Waren, die üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden, muss der Unternehmer bereits vorab über die konkrete Höhe der Rücksendekosten informieren.
Der Unternehmer kann die Rückzahlung jedoch verweigern, bis er die Ware entweder zurückerhalten hat oder der Verbraucher ihm nachweist, dass die Ware zurückgesendet wurde.
Welche Pflichten treffen den Verbraucher im Rücktrittsfall (§15 FAGG)?
Der Verbraucher muss die Ware unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von 14 Tagen nach Abgabe der Rücktrittserklärung an den Unternehmer zurücksenden. Es genügt, wenn die Ware innerhalb dieser Frist abgesendet wird.
Die Rücksendekosten trägt der Verbraucher, es sei denn, er wurde nicht entsprechend über diese Kosten informiert.
Darf über den Gebrauch der Ware eine Wertminderung abgezogen werden (§15 Abs 4 FAGG)?
Der Verbraucher muss nur dann eine Entschädigung für Wertminderung der Ware zahlen, wenn diese auf einem Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der über das hinausgeht, was zur Prüfung der Ware auf ihre Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktion erforderlich ist. Ein bloßes Entnehmen aus der Verpackung oder die erste Inbetriebnahme zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit führt also nicht zu einer Ersatzpflicht. Eine Wertminderung ist nur zu ersetzen, wenn der Umgang mit der Ware darüber hinausgeht.
Wichtig: Handelt es sich um einen Kaufvertrag über Waren, die üblicherweise nicht auf dem Postweg versendet werden, muss der Verbraucher bereits vorab über die konkrete Höhe der Rücksendekosten informiert worden sein.
Kann der Verbraucher zu sonstigen Zahlungen verpflichtet werden (§15 Abs 5 FAGG)
Abgesehen von den beschriebenen Zahlungsverpflichtungen dürfen dem Verbraucher im Zusammenhang mit dem Rücktritt keine weiteren Lasten auferlegt werden. Der Rücktritt muss für den Verbraucher möglichst kostenfrei sein, abgesehen von den Rücksendekosten, wenn er entsprechend informiert wurde.
Gibt es Auswirkungen auf mit dem Kaufvertrag verbundene Verträge (§17 FAGG)?
Wenn der Verbraucher berechtigt vom Kaufvertrag zurücktritt, erstreckt sich dieser Rücktritt automatisch auch auf damit verbundene Verträge, wie beispielsweise Versicherungsverträge. Dem Verbraucher dürfen in diesem Fall keine zusätzlichen Kosten entstehen.